Die Opfer sind nicht zufällig Frauen

von Eydeetin

Was ist das größte Gesundheitsrisiko für Frauen weltweit? AIDS? Krebs? Mit Schwangerschaften zusammenhängende Krankheiten?

Nein.

Gewalt!

Die World Health Organisation (WHO) spricht von einem  “global health problem of epidemic proportions.“

Dabei ist der häufigste Täter der Partner oder Ex-Partner der betroffenen Frau. Jede dritte Frau hat bereits mindestens einmal in ihrem Leben Gewalt durch einen (Ex-)Partner erfahren. In Deutschland ist es laut dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend jede vierte Frau (25%).

Insgesamt haben 40% aller Frauen in Deutschland seit ihrem 16. Lebensjahr sexuelle oder körperliche Gewalt erlebt. Das ist fast jede Zweite Frau.

Ähnlich dramatisch sind die Zahlen der in Deutschland ermordeten Frauen. Im Schnitt wird in Deutschland alle drei Tage eine Frau von ihrem (Ex-) Partner ermordet.

Damit werden dreimal so viele Frauen von ihren (Ex-)Partnern ermordet wie Männer durch ihre (Ex-) Partnerinnen[1]. Diese Mordopfer sind nicht zufällig Frauen. Sie werden genau deshalb ermordet, weil sie Frauen sind. Weil unser patriarchales Gesellschaftssystem Frauen systematisch entwertet und damit auch ihr Leben weniger Wert ist. Weil dieses Gesellschaftssystem Männer zu Gewalt erzieht. Weil Ehre und Besitztum in Beziehungen noch immer eine Rolle spielen. Und auch weil die systematische Gewalt gesellschaftlich nicht thematisiert wird.

In der internationalen und wissenschaftlichen Debatte werden Morde, die an Frauen auf Grund ihres Geschlechts verübt werden, als Femizid bezeichnet. Manche Länder wie z.B. Mexiko und Argentinien erfassen Femizide als solche und können so Angaben zum Ausmaß des Problems geben und entsprechende Konsequenzen ziehen. In Deutschland werden Femizide nicht erfasst. Die Linkspartei wollte den auch von der WHO verwendeten Begriff nun in die deutsche Debatte einführen. Die Bundesregierung hat dies zurückgewissen. Der Begriff sei nicht klar genug konturiert. Femizide können also als solche nicht vom statistischen Bundesamt oder der Polizei erfasst werden und es erscheint so, als wären die Opfer zufällig Frauen. Somit werden die Hintergründe der Gewalt nicht erfasst und nicht verstanden. Folglich kann es auch keine präventiven Maßnahmen geben, um die Zahl an Femiziden in Deutschland zu verringern. In den Zeitungen werden diese Morde meist als „Beziehungstaten“, „Eifersuchtstaten“ oder „Familientragödien“  bezeichnet. Dies verschweigt den frauenfeindlichen Charakter und die gesellschaftliche Systematik dieser Gewalt und bagatellisiert die einzelnen Taten.

Das größte Gesundheitsrisiko für Frauen muss effektiv bekämpft und erforscht werden, wie man auch jede Krankheit, die ein solch großes Gesundheitsrisiko für Menschen darstellt, bekämpfen würde. Dazu gehört, dass nicht länger weggesehen wird und Gewalt gegen Frauen auch als solche bezeichnet und erfasst wird!

 

 

 

Quellen:

 

World Health Organisation. Violence against women (2017). URL:http://www.who.int/news-room/fact-sheets/detail/violence-against-women. Stand 03.09.2018

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland. Eine repräsentative Untersuchung zu Gewalt gegen Frauen in Deutschland. URL:

https://www.bmfsfj.de/blob/84328/0c83aab6e685eeddc01712109bcb02b0/langfassung-studie-frauen-teil-eins-data.pdf. Stand 03.09.2018

Oestreich: Es nennt sich Femizid. In: Taz vom 02.09.2018. URL: https://www.taz.de/Archiv-Suche/!5529757&s=femizid/. Stand 03.09.2018

 

[1] Gewalt in homosexuellen Beziehungen sie hier einmal außen vor gelassen, da es um die Gewalt von Männern gegen Frauen geht.

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